Sieben vorbei und acht verweht – die frühe Entdeckungsgeschichte der Menschheit – Paul Herrmann -1955

Sieben vorbei und acht verweht – die frühe Entdeckungsgeschichte der Menschheit – Paul Herrmann

Das Buch, das ich heute aus dem Regal gezogen habe, um es hier vorzustellen ist speziell. Speziell, wegen seiner außergewöhnlichen Mischung aus Tatsachen und Phantastereien, Zitaten und Belegen.

Ein Beispiel für in angenehmer Sprache geschriebene Geschichtsliteratur der 50er Jahre. An vielen Stellen wechselt das Buch zwischen Geschichtserzählung und Abenteuerroman hin und her, was für eine angenehme Abwechslung sorgt. 

Karte mit Nechos und Hannos Afrikafahrten
Karte mit Nechos und Hannos Afrikafahrten

Handelt es doch von den frühesten Entdeckungsfahrten der Menschheit vor der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus. Vieles liegt hier in dichtem Nebel der Geschichte verborgen und manches wird von der regen Phantasie des Schriftstellers auch nur hineininterpretiert, oft mit echten, aber oft genug auch nur mit vermeintlichen Fakten belegt.

Trotzdem halte ich dieses Buch für ein lesenswertes und spannend geschriebenes Geschichtswerk, mit dem man sich die langen Winterabende verkürzen und gleichwohl amüsant und lehrreich verbringen kann.

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Überreste der grönländischen Wikingersiedlung
Überreste der grönländischen Wikingersiedlung

Der Titel „Sieben vorbei und acht verweht“ – ist eine auf Sanduhren basierende Zeitangabe, die auf Segelschiffen den morgendlichen Wachwechsel anzeigte. Und so handelt das Buch fast ausschließlich von den verwegenen Seefahrten der frühen Geschichte.

Hermann lässt sein Werk in der Steinzeit beginnen – wo Handelswege durch die Funde von aus weiter Ferne herbeigeschaffter Gegenstände, wie etwa Feuersteinen,  nachweisbar sind.

Ins Goldland Punt

Er geht über zu den ersten überlieferten Entdeckungsfahrten die im Auftrag der Pharaonin Hatschepsut stattfanden, die etwa 1500 v. Christus eine Schiffsexpedition 8000 km weit ins geheimnisvolle Goldland Punt am Sambesi schickte (mal bitte in den Anhang gucken (1) ;-). Gefolgt von einer Fahrt phönizischer Schiffe im Auftrag König Salomons nach Ophir, laut Autor in Simbabwe gelegen und schließlich Herodots Bericht über eine Umrundung Afrikas durch Phönizier im Auftrag des Pharaos Necho.

Wikinger besuchen die Maya...
Wikinger in Mexiko ?

Thule, Leif Erikson, Madoc und Alexander der Große

Nachdem die Thule-Fahrt des aus Marseille stammenden Pytheas um Großbritannien herum, womöglich bis nach Norwegen, die Entdeckungen Alexanders des Großen, während seines Feldzuges durch Vorderasien, die Handelsfahrten der Römer, die bis nach Indien und China führten und schließlich die Entdeckung Grönlands und Amerikas durch Leif Erikson abgehandelt wurden, betritt Herrmann endgültig das Reich der Mythen und Legenden. Nach seiner Theorie hat die Entdeckung Amerikas nämlich womöglich schon lange vor den Wikingern stattgefunden. Um diese These zu untermauern trägt er allerlei Quellenmaterial zusammen.

Karte von der Thulefahrt des Pytheas
Karte von der Thulefahrt des Pytheas

Wikinger in Mexiko?

Ob es sich dabei um die mittelamerikanischen Legenden um Quetzalcoatl handelt, den „weissen Mann mit langem Bart“ oder gleichlautende Legenden aus dem Inkareich Perus, die sagenumwobene Geschichte von einer europäischen Ansiedlung Amerikas durch den walisischen Prinzen Madoc um 1170 herum (2) oder gar die Besiedlung Polynesiens durch Europäer, die zu Zeiten des Inkareiches auf den pazifischen Ozean hinausfuhren – ab diesem Moment wird es nicht mehr langweilig, dafür oft lustig in diesem Buch.

Wir bewegen uns (fast) nur noch im Reich der Phantasie und man muss die Geschichten und Legenden sehr kritisch betrachten und hinterfragen. Häufig  schließt der Autor aus Nichtigkeiten auf nicht vorhandene Realitäten und erkennt Zusammenhänge wo keine sind.

Darüber hinaus werden einige aus heutiger Sicht  recht amüsante Quellen zitiert, die zu der Zeit, als das Buch erschien, allerdings ernsthaft diskutiert wurden. Gerade in Zusammenhang mit der Theorie der Besiedlung Polynesiens von Südamerika aus, wird über lange Strecken hinweg Thor Heyerdahl und seine Treibfahrt auf dem Floß Kon-Tiki angeführt.

Die Fahrt der Kon-Tiki

Heyerdahl war nicht nur von der Richtigkeit dieser Theorie überzeugt, sondern versuchte auch einen Zusammenhang zwischen den antiken Kulturen der alten und neuen Welt herzustellen. Um zu Beweisen, dass eine Besiedlung der Südsee tatsächlich von Südamerika aus möglich gewesen war, stach er mit einer Besatzung von 6 Mann am 28. April 1947 von Peru aus in See.

Als Gefährt diente ein Balsafloß mit einfachem Segel, das nach einem Gott aus der Mythologie der Inka auf den Namen Kon-Tiki getauft wurde. Nach 100 Tage auf offener See und 7000 zurückgelegten Kilometern, erreichte die Kon-Tiki das Tuamotu-Archipel, wurde aber bei der Landung so stark beschädigt, dass die Fahrt nicht fortgesetzt werden konnte.

Also, hin und wieder die mittlerweile bekannten Tatsachen bei Wikipedia nachzuschlagen, hilft dem Leser dabei, die Wirklichkeit nicht ganz aus den Augen zu verlieren.

Ibn Battuta und Marco Polo

Nach diesem Ausflug in den Grenzbereich der Geschichte wird es wieder handfester.  Ibn Battuta und Marco Polo kommen zu Wort, die beide auf völlig verschiedenen Routen China erreichten. Das Buch endet mit den Afrika- und Indienfahrten der Portugiesen.

Die Völker in den Ländern des Großkhans - Holzschnitt - 1493
Die Völker in den Ländern des Großkhans – Holzschnitt – 1493

Betrachtet man dieses Buch nicht als ausschließliches Geschichtswerk mit Tatsachenschilderung, dann ist es auf jeden Fall lesenswert, sofern man sich für die Seefahrten der Menschen am Rande der geschichtlichen Zeit interessiert. Spannend und unterhaltsam geschrieben ist dieses Buch auf jeden Fall.

Allerdings, die politisch nicht mehr korrekte Benennung der Schwarzafrikaner als „Neger“ ist dem Zeitgeist der 50er Jahre geschuldet, und sollte in den neueren Auflagen aus den 80er Jahren korrigiert worden sein. Mir liegt hier eine Erstausgabe von 1952 vor, wo dieser Begriff noch, wie damals üblich, für alle Menschen mit dunkler Hautfarbe verwendet wird. Seit Mitte der 70er Jahre wird der Begriff als rassistisch gewertet und sollte nicht mehr verwendet werden. (3).

Hochgelobt vom Spiegel

Eines darf aber natürlich nicht unerwähnt bleiben. Trotz der eigentlich leicht zu durchschauenden Märchen, die einem von Hermann an verschiedener Stelle aufgetischt werden, wurde das Buch im Spiegel Nummer 6 von 1955 als Bestseller vorgestellt und gefeiert (4). Den Begriff „relotieren“ gab es zwar noch nicht, als das Buch 1955 erschienen ist aber mit seiner Sammlung von Seemannsgarn ist es ein würdiger Vorläufer für den Märchenerzähler vom Spiegel (5). 😉

Das Buch enthält 119 Abbildungen und 32 Karten.

Und wer dieses Buch jetzt zu kaufen wünscht kann hier fündig werden:

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Weblinks:

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Madoc

(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Punt_(Goldland)

(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Neger

(4) https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-31969126.html

(5) http://www.spiegel.de/thema/der_fall_claas_relotius/

2 Antworten

  1. jean-charles Prevost sagt:

    Ich habe ganz zufällig dieses Buch in die 1954 franzosische ubersetzung bei Plon mit vielvergnugen gelesen. Ich hatte mehr uber den Author wissen wollen leider ist kein biographie etweder in deutsch, english or franzosich in Internet verfugbar. Konnen sie mir helfen? Danke !

  2. Leider habe ich seit ich diesen Artikel geschrieben habe, immer noch keine Informationen über die Person Paul Herrmann erhalten. Im Internet finden sich bestenfalls kurze Einträge. Ich hoffe immer darauf, dass sich jemand findet, der etwas zur Person von Dr. Herrmann beitragen kann.

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