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Indienfahrt – Waldemar Bonsels – 1916

„Indienfahrt“ und „Die Biene Maja“ sind nahezu die einzigen Bücher von Waldemar Bonsels, die im dritten Reich nicht! den nationalsozialistischen Bücherverbrennungen zum Opfer fielen.

Alle anderen Bücher Bonsels wurden vom Studentenbund der NSDAP als zu sexistisch eingestuft und den Flammen übergeben.

Indienfahrt – Waldemar Bonsels

In „Indienfahrt“ schildert Bonsels seinen Aufenthalt in Indien 1903/04. In seinem typischen neuromantischen Stil, teils humorvoll, teil satirisch, gespickt mit Zynismus beschreibt Bonsels seine Reise entlang der südindischen Malabarküste – auch Pfefferküste genannt – in der Provinz Malabar.

Ausgehend von Cananore (Kannur in Kerala) reist Bonsels zusammen mit seinen indischen Begleitern, dem Hund Elias aber ohne den Affen Huc zunächst auf Ochsenkarren, schliesslich per Kanu bis nach Mangalore in der Provinz Karnataka.

Die Landschaft die er beschreibt ist feucht-heisses, tropisches Sumpfland, mit einer ursprünglichen Bevölkerung, die sich ihren Lebenunterhalt mit dem Sammeln von Pefferkörnern verdient.

Auf Ortsnamen und die Beschreibung von Sehenswürdigkeiten verzichtet Bonsels überwiegend. Stattdessen schildert er die Landschaft und ihre Menschen impressionistisch, bunt und großzügig.

Ungefähre Route, die Bonsels auf seiner Reise eingeschlagen hat – Quelle:

Karnick, Kamal Kashinath ,
http://hdl.handle.net/10603/147532

Wenn Orte erwähnt werden dann leider in vermutlich eingedeutschter Form, wie etwa Bitschapur, bei dem es sich vermutlich um Vijayapura (früher Bijapur) im nördlichen Karnataka handelt.

Bonsels schreibt:

Als ich Bitschapur sah, lag die Stadt voll Toter. Wir kamen in der Morgenfrühe auf Pferden an, ohne Kunde davon erhalten zu haben, daß die Pest in so furchtbarer Weise in der Stadt wütete. Als wir nahe vor den Toren waren, wies mein Begleiter auf die Hügel im Umkreis der Stadt, die mit Zelten bedeckt waren, und riet zur Umkehr, aber es bot sich uns keine Möglichkeit dazu, da es uns an Wasser und Nahrung gebrach.

Die Lager auf den Höhen unterrichteten uns darüber, daß die Bewohner aus der Stadt geflüchtet waren, und so fanden wir nur Tote im Bereich der herrlichen Ruinen. Die Pferde zitterten, als uns der erste, widerlich süße Hauch der Verwesung entgegenschlug, und Wolken von Aasgeiern erhoben sich träge mit häßlichem Geschrei bei jeder Straßenbiegung. Die Leichen lagen in den offenen Türen und auf den Gassen, aus leeren Augenhöhlen und geschwärzten Angesichtern starrte der Tod uns an, und die Hufe unserer Tiere verwickelten sich in den faulenden Schläuchen der menschlichen Eingeweide, die die Geier weit über die Wege gezerrt hatten.

Die unbarmherzige Sonne spiegelte im Marmor, ihren stillen Liebeszorn bewegte kein Lufthauch, ein paar vergessene Ziegen irrten durch die furchtbare Todesöde und den gigantischen Prunk der Vergangenheit. Es war eine Hungersnot vorangegangen. Heute noch sehe ich die mageren, dunkeln Menschenkörper, geschwärzt vom Gift der Verwesung, gegen weiße Mauern gelehnt, über Steintreppen geworfen, oder am rötlichen Boden. Zwei Kinder, die einander umschlungen hielten, schienen am Rand eines Tempelteichs eingeschlafen zu sein, die Lage ihrer zärtlichen Gestalten verriet weder Angst noch Schmerzen, aber die Augen fehlten, und in geschäftigem, frohem Eifer bohrte ein grauer Geier seinen Schnabel unter die Stirnen, so daß die Köpfchen schaukelten. Als ich mich näherte, hob der Vogel den kahlen Kopf mit dem harten Schnabel, und seine gelben Augen sahen mich räuberisch an, als ob er Verwunderung darüber empfände, daß ein aufrechter, lebender Mensch sein Totenreich betrat.

Bonsels, Indienfahrt

Tragische und erheiternde Erlebnisse wechseln sich ab. Fieberträume, Tigerjagd und auch Begegnungen mit der britischen Besatzungsmacht bleiben nicht aus.

Magie und Mystik, Fiktion und Wirklichkeit

Insgesamt öffnet sich dem Leser ein Schaufenster in ein ursprüngliches, exotisches Indien, voller Mystik und Magie, wie es sich dem Reisenden noch zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts präsentiert hat.

Offensichtlich vermischt Bonsels in diesem Buch Fiktion und Wirklichkeit immer wieder mal. Auch die Reisezeit und -Dauer oder die genaue Reiseroute bleiben im Dunkeln und nutzt diese Unschärfe dafür erfundene Episoden einzufügen.

Bonsels mag Brummer

Nicht nur die Biene Maya, auch andere Insekten faszinierten Bonsels, wie uns diese kurze Textstelle verrät:

„…..Mein Korkhelm drückte mich auch keineswegs sonderlich, im Gegenteil, er wurde von Tag zu Tag leichter, weil eine Schar mottenartiger Parasiten von ihm Besitz ergriffen hatten und ihn zugleich bebauten und verzehrten.

Bisweilen rieselte ein feines Korkmehl nieder, wie ein liebevoller Beweis der Natur, daß sie keinen Menschen in völliger Vereinsamung seinen Weg machen läßt. Panja war bereits mit allerlei Mitteln gegen diese Tiere ins Feld gezogen, aber sie verließen sich auf mich und vermehrten sich um so leidenschaftlicher, je mehr Panja sie unterdrückte…“

Bonsels, Indienfahrt

Bonsels wurde 1880 geboren und starb 1952.

„Indienfahrt“ kann kostenlos als eBook beim Projekt Gutenberg bezogen werden….

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Empfehlenswert

Eine umfangreiche Analyse des Buches und seines Wahrheitsgehaltes findet sich unter der unten stehenden URL, woher auch die Kartenskizze in meinem Beitrag stammt:
Wahrheit und Dichtung in Waldemar Bonsels indienbezogenen Werken, insbesondere in seinem Hauptwerk Indienfahrt hat – Karnick, Kamal Kashinath – 1978

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