Fünf lustige Reisegedichte
Weil gestern der Welttag der Poesie war und ich ihn glatt verpasst habe, schiebe ich heute fünf sieben kleine Reisegedichte zum Thema Reise nach, die hoffentlich die Zeit bis zum nächsten Artikel etwas verkürzen.
Sie stammen natürlich von den besten Poeten, die das Volk der Dichter und Denker hervorgebracht hat!
Heinz Erhardt, Wilhelm Busch und Eugen Roth.
Urlaub im Urwald (von Heinz Erhardt)
Ich geh' im Urwald für mich hin ...
Wie schön, dass ich im Urwald bin:
man kann hier noch so lange wandern,
ein Urbaum steht neben dem andern.
Und an den Bäumen, Blatt für Blatt,
hängt Urlaub. Schön, dass man ihn hat!
Reisegedanken (von Wilhelm Busch)
Eins, zwei, drei, im Sauseschritt
läuft die Zeit, wir laufen mit.
Schaffen, schuften, werden älter,
träger, müder und auch kälter,
bis auf einmal man erkennt,
dass das Leben geht zu End’.
Viel zu spät begreifen viele
die versäumten Lebensziele,
Freunde, Schönheit der Natur,
Gesundheit, Reisen und Kultur.
Darum, Mensch, sei zeitig weise!
Höchste Zeit ist’s! Reise, reise!
Nach der Reise (von Eugen Roth)
Nach wochenlangem Weltdurchschweifen
Bräucht manches Zeit, um nachzureifen.
Was, grün gepflückt vom Urlaub-Baum,
Getrieben hat die Blüten kaum,
Geschweige denn die süße Frucht.
Doch in des Jahres rascher Flucht
Verwelkt der Reise frisches Reis -
Vergebens legst Du es aufs Eis,
Begießt es mit Erinnerung -
Im Alltag wirds nicht wieder jung.
Du machst verzweifelte Versuche,
Aus Deinem Reisetagebuche
Noch köstlichen Gewinn zu ziehn. -
Die Tage, Wochen, Monde fliehn.
Hast Du nicht Bilder auch gemacht
Und schwarz auf weiß nach Haus gebracht,
Ja, selbst in Farben bunt getaucht,
Was man nur zu entwickeln braucht?
Du schwörst, die längst zu viel gewordnen
Aufnahmen demnächst schön zu ordnen -
Jedoch Du findest keine Ruh:
Schon treibst Du neuen Reisen zu!
Ein Umbruch kommt, ein Krieg dazwischen,
Die Einzelheiten sich verwischen -
Als letzten Rest wirst Du bewahren:
"Da war ich auch - vor dreißig Jahren!"
Der Urlaub (von Eugen Roth)
Ein Mensch, vorm Urlaub, wahrt sein Haus,
Dreht überall die Lichter aus.
In Zimmern, Küche, Bad, Abort-
Dann sperrt er ab, fährt heiter fort.
Doch jäh, zu hinterst in Tirol,
Denkt er voll Schrecken: "Hab ich wohl?"
Und steigert wild sich in den Wahn,
Er habe dieses nicht getan.
Der Mensch sieht, schaudervoll, im Geiste,
Wie man gestohlen schon das meiste,
Sieht Türen offen, angelweit.
Das Licht entflammt die ganze Zeit!
Zu klären solchen Sinnestrug,
Fährt heim er mit dem nächsten Zug
Und ist schon dankbar, bloß zu sehn:
Das Haus blieb wenigstens noch stehn!
Wie er hinauf die Treppe keucht:
Kommt aus der Wohnung kein Geleucht?
Und plötzlich ist`s dem armen Manne,
Es plätschert in der Badewanne!
Die Ängste werden unermessen:
Hat er nicht auch das Gas vergessen?
Doch nein! Er schnuppert, horcht und äugt
Und ist mit Freuden überzeugt,
Daß er - hat er`s nicht gleich gedacht?-
Zu Unrecht Sorgen sich gemacht.
Er fährt zurück und ist nicht bang.-
jetzt brennt das Licht vier Wochen lang.
Gedicht von Eugen Roth
Der Urlaub ist erholsam meist
nicht nur für den, der in ihn reist.
Auch den, der da bleibt, freut die Schonung,
die er genießt in stiller Wohnung.
So zählen zu den schönsten Sachen
oft Reisen, welche andre machen.
Und noch eines von Eugen Roth, über das ich gerade gestolpert bin:
Billige Reise (Eugen Roth)
Ein Mensch holt sich für die bezweckte
Fahrt in die Ferien viel Prospekte,
Die, was verdächtig, unentgeltlich
In reichster Auswahl sind erhältlich
Und die in Worten wie in Bildern
Den Reiz jedweder Gegend schildern.
Begeisternd sind die Pensionen,
In denen nette Menschen wohnen.
Ganz herrlich sind die Alpentäler,
Wo preiswert Bett und Mittagsmähler.
Doch würdig reifer Überlegung
Ist auch am Meere die Verpflegung.
Es fragt sich nur ob Ost-, ob Nord-?
Und schließlich wie wär es an Bord?
Nicht zu verachten bei den Schiffen
Der Lockruf : "Alles inbegriffen!"
Der Mensch, an sich nicht leicht entschlossen,
Hat lesend schon genug genossen
Und bleibt, von tausend Bildern satt,
Vergnügt in seiner Heimatstadt.
Der Reiseleiter (Eugen Roth)
In stillem Beileid denken hier
Der armen, braven Menschen wir,
Die, des Kulturtransports Begleiter,
Verpflichtet sind als Reiseleiter.
Mit wahren Bären-Seelenkräften
obliegen teils sie den Geschäften,
Teils stemmen sie, wie Schwergewichtler,
Die Zentnerlast der Kunstgeschichtler.
Sie dürfen noch nach tausend Fragen
Ein altes Fräulein nicht erschlagen,
Ja, selbst in Sturzseen von Beschwerden
Nicht einen Zoll breit wankend werden.
Sie müssen, Opfer des Berufs,
Das Nicht-mehr-Rauchen des Vesuvs,
Die Höh, den Umfang seines Kraters,
Das Alter unsres Heiligen Vaters,
Die nähern Daten Wilhelm Tells,
Ja, selbst den kleinsten Schweizer Fels
Erklären aus dem Handgelenke,
Entwirren Knäuel von Gezänke,
Und Antwort stehn dem Herrn, der immer
– Wieso?? – bekommt das schlechtste Zimmer!
Mitunter wechselt man sie aus.
Wer schadhaft, kommt ins Irrenhaus. –
Das sollte für heute reichen. Mehr Sprüche, Aphorismen und auch Gedichte zum Thema Reisen findest Du hier unter „>>> Sprüche und Zitate zum Reisen“
Kennt noch jemand ein schönes Reisegedicht?
...zum Schluß noch ein wenig Werbung für mein eigenes Buch:
Die Gedichte sind sehr treffend ausgesucht, ich finde besonders das Gedicht von Wilhelm Busch.
Viele Grüße Gabi
Eine sehr schöne Zusammenstellung.
Das Gedicht von Heinz Erhardt kannte ich schon – ich liebe es! -, aber mit den zwei anderen hast du mir heute eine echte Freude gemacht.
Besonders beim Gedicht von Eugen Roth habe ich nach fast jeder Zeile geschmunzelt und gedacht: „Ja, genau so ist es.“
Lieben Dank für köstlichen Eugen Roth Gedichte.
Wie aus dem Leben..
Liebe Grüße
Renate
Schöne Auswahl:
WEr REisebücher für Kinder (7-12 Jahre) sucht sollte lesen:
Albin Lenhard: Flummi wirbelt durch London
Albin Lenhard: Drachentanz und Pausenclowns – Flummi in London
Vielen lieben Dank für die wunderbaren Anregungen.
Große Freude!