Die Rebellion der Gehenkten – B.Traven – in die Dschungel Mexikos
„Der Indianer, in der Tiefe seiner Seele, glaubt mehr an die Macht seines Schicksals, als an die Macht irgendeines Gottes oder Herrn. Seinem Schicksal kann er nicht entrinnen, was immer er auch tut. Fühlt er sein Schicksal ihm nahe kommen, dann kämpft er gleich allen menschlichen Lebewesen aus reinem biologischen Selbsterhaltungstrieb gegen das Schicksal mit allen Waffen und Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen oder von denen er glaubt, dass sie ihm von Vorteil sein möchten in dieser oder jener Weise, eingeschlossen die Fürbitten eines Heiligen, der mit dem lieben Gott in telefonischer Verbindung steht. Aber er fühlt, dass er sich auf verlorenem Posten befindet, und sich dem Schicksal nur darum widersetzt, um dessen Wirkung zu verzögern.“
B.Traven – Die Rebellion der Gehenkten
Auf direktem Weg in die Hölle
Gerade einmal zweieinhalb Hektar unfruchtbaren Farmlandes nennt der Tzotzil-Indianer Candido sein eigen. Irgendwo in Chiapas lebt er gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen, mehr schlecht als recht, von dem was er von dem kargen Boden ernten und von dem geringen Überschuss, den er dabei erwirtschaften kann. Bisher ist es ihm gelungen seine Unabhängigkeit zu bewahren und dem Schicksal vieler seiner Stammesgenossen zu entgehen, die in sklavenartiger Abhängigkeit von Großgrundbesitzern ihr Dasein fristen.
Bis eines Tages das Schicksal mit aller Härte zuschlägt. Marcelina, die Frau Candidos erkrankt an einer Blinddarmentzündung. Mit viel Mühe gelingt es Candido unter Mithilfe seiner Nachbarn die kranke Frau in die nächstgelegene Stadt zu einem Arzt zu schaffen.
Dieser verlangt für die Operation 200 Pesos, die Candido aber nicht aufbringen kann, besitzt er doch gerade nur 18 Pesos. Zufällig begegnet ihm Don Gabriel, der auf der Suche nach Arbeitskräften für eine Monteria ist, einen Ort im Dschungel, wo Caoba-Bäume, die Quelle des Mahagoni-Holzes geschlagen werden. Candido unterzeichnet den Vertrag. Als er zum Arzt zurückkehrt ist seine Frau gerade gestorben.
Trotzdem wird er von Don Gabriel gezwungen gemeinsam mit seinen beiden Söhnen die kleine Farm zurück zu lassen und sich zusammen mit einer größeren Menge anderer unfreiwillig verpflichteter Männer, Frauen und Kinder in den Regenwald auf zu machen.
Unterwegs stößt noch seine Schwester zu ihm, die ihn und die beiden Kinder nicht alleine lassen will. Nach mehreren Wochen strapaziösen Fußmarsches auf morastigen Wegen erreichen sie die Monteria in der Nähe eines namenlosen, großen Flusses.
Hier erwartet die Arbeiter die Hölle. Die Vorgesetzten und Aufseher sind spanisch-stämmige Ladinos, für die Gesundheit oder Leben der indigenen Arbeiter keinen Wert haben. Die Arbeitsvorgaben von 4 Tonnen pro Tag und Arbeiter, die von den Konzessionsbesitzern unrealistisch und launenhaft festgelegt werden und von den Vorarbeitern mit Gewalt durchgesetzt werden sollen, sind nicht zu schaffen.
Wer aber sein Pensum nicht erfüllt wird, der erhält Lohnabzüge, wird ausgepeitscht oder als letzte Steigerung zusätzlich in krummer Haltung an Armen und Beinen aufgehängt und mehrere Stunden lang hängen gelassen. Nachdem einer seiner Söhne wegen der Grausamkeit eines der Peinigers ertrunken ist versucht Candido zu fliehen. Wieder eingefangen schneidet man ihm und seinem zweiten Sohn die Ohren ab.
Als schließlich seine Schwester einem Vergewaltigungsversuch entkommt, ins Camp der Arbeiter flüchtet und um Hilfe bittet, eskaliert die Situation.
Angeregt durch die Reden Manuels, eines ehemaligen Lehrers, der aus einem Konzentrationslager geflüchtet, in die Monteria gelangte, kommt es zu einem Aufstand der bis dahin alle Schikanen erduldenden Indianer.
Rebellen und Zapatisten
Die Geschichte in „Die Rebellion der Gehenkten“ spielt um 1910 herum, am Vorabend der mexikanischen Revolution, bei der der mexikanische Diktator Diaz nach einer militärischen Niederlage zurücktreten und das Land verlassen musste. Die Opposition geführt von Francisco Madera wurde von den Rebellentruppen von Emiliano Zapata und Pancho Villa unterstützt. Eine umfassende Landreform, aber scheiterte auch unter Madera.
Unwillkürlich fühlt man sich bei der Lektüre der Bücher Travens an die Aufstände der Zapatisten in den 1990er Jahren in Chiapas erinnert, die mittlerweile immerhin zu einer teilweisen Unabhängigkeit der indigenen Bevölkerung geführt haben. Auch dort ging der Aufstand von der Landbevölkerung aus und fand Unterstützung durch einen ehemaligen Philosophiedozenten, der auch als Sprecher der Bewegung auftrat und sich Subcommandante Marcos nannte.
Von Brandenburg in die Urwälder Mexikos
B.Traven war nicht nur ein erfolgreicher Schriftsteller. Seine Bücher erreichten weltweite Auflagen von mehr als 30 Millionen. Vor allem erfolgreich war Traven darin seinen Lebenslauf zu verschleiern und die Herkunft seiner Person geheim zu halten. Mehr als 40 Jahre nach seinem Tod scheint das Rätsel mittlerweile gelüftet zu sein, jedoch gibt es zu jeder Theorie, die von den Traven-Forschern aufgestellt wird auch immer eine Gegentheorie. So glaubt man zu wissen, dass Traven 1882 im heute zu Polen gehörenden Schwiebus in Brandenburg als Otto Feige das Licht der Welt erblickte.
Unter dem Pseudonym Ret Marut taucht er dann vor und während des ersten Weltkrieges als Theaterschauspieler, Regisseur und Herausgeber der links-anarchistisch ausgerichteten Zeitschrift „Der Ziegelbrenner„ wieder auf.
Nach der Zerschlagung der Münchner Räterepublik 1919, wurde er wegen seiner Beteiligung verhaftet, konnte aber noch vor einer Verurteilung und der drohenden Hinrichtung fliehen und Deutschland verlassen. Auf abenteuerlichen Wegen gelangte er schließlich nach Mexiko, wo er fortan unter verschiedenen Namen in die Öffentlichkeit trat. Besonders bekannt wurde B.Traven durch die Verfilmung seines Buches „ Der Schatz der Sierra Madre mit Humphrey Bogart.
Die Rebellion der Gehenkten gehört zum sogenannten Caoba-Zyklus B.Travens. Die einzelnen Bücher dieser Reihe sind zwar was das Geschehen angeht in zeitlicher Abfolge gehalten, durch den Wechsel der Protagonisten von Buch zu Buch aber auch unabhängig von einander lesbar. Allen gemeinsam ist die detaillierte Beschreibung und B. Travens Anteilnahme am harten Lebens der geknechteten und besitzlosen Indianer und die Kritik an den ausbeuterischen Zuständen, wie sie durch einen gewissenlosen und menschenverachtenden Kapitalismus hervorgerufen werden können.
Die Rebellion der Gehängten wurde mehrmals verfilmt. Zuletzt 1987 als dreiteilige Fernsehserie unter Regie von Louis Bunuel und mit Uwe Ochsenknecht in einer der Hauptrollen.
Über B. Traven bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/B._Traven
...zum Schluß noch ein wenig Werbung für mein eigenes Buch: