An Lagerfeuern deutscher Vagabunden in Südamerika – Franz Donat – 1927
Franz Donat war das Pseudonym, unter dem der im thüringischen Ruhla geborene Franz Stehmann mehrere Werke veröffentlichte. Donat, 1890 geboren, war Sohn eines Meerschaumpfeifenschnitzers.
Im Alter von 16 Jahren heuerte er auf einem Schiff an, verließ dieses jedoch in Brasilien, wo er sich heimlich an Land schlich . In den folgenden Jahren führte er ein abenteuerliches Leben als Landstreicher, Tagelöhner und Vagabund.
Er bereiste Brasilien, Paraguay und Argentinien. In späteren Jahren scheint er in Santo Angelo in Brasilien eine Bäckerei in Sao Paolo besessen zu haben. Dort verstarb er 1960.
Das Buch „An Lagerfeuern deutscher Vagabunden“ erschien 1927 beim Verlag Strecker und Schroeder in Stuttgart.
Ich habe ein wenig gezögert das Buch hier zu besprechen. An mehreren Stellen verfällt Donat in eine aus heutiger Sicht übertrieben wirkende Lobhudelei vermeintlich deutscher Eigenschaften, die man schon fast als Deutschtümelei bezeichnen muss.
Allerdings entbehrt das Buch gerade in dieser Hinsicht, nicht einer gewissen Selbstironie des Verfassers. Er selbst beschreibt sich nicht unbedingt als wertvolles Mitglied der Gesellschaft. Entgegen der von ihm hochgelobten deutschen Kolonisten, verabscheut er harte Arbeit und zieht lieber vagabundierend durch das Land.
Einen Philosophen, mit dem er eine zeitlang zusammen durch die Wildnis zieht, lässt er die folgenden Worte sprechen:
Was Du mit ‚Erfolg‘ meintest, ist ein kleines äußerliches Ansehen und eine gewisse Behaglichkeit und Behäbigkeit, die wir uns verschaffen, und die vielen noch den Rest ihres Menschentums raubt.
Franz Donat – An Lagerfeuern deutscher Vagabunden
Ich verzichte gern auf derartige Erfolge, denn für den Rest meiner Tage ist mir ein ungebundenes Leben lieber, als irgendwo für gutes Futter den Esel in einer Tretmühle zu spielen…
…und ob mich Herr Hinz oder Herr Kunz einen Vagabunden nennen, das ist mir herzlich einerlei, denn für mich ist die Hauptsache, dass ich mein Menschtum selbst kenne.
Für uns, die wir der Menschheit weiter nichts hinterlassen, als unsere Stoffe, damit sich wieder andere Kreaturen im ewigen Kreislauf aus ihnen aufbauen, ist der Zweck erreicht, wenn wir solange wir lebten, keinen Mitmenschen unglücklich machten. Ist es uns jedoch gelungen, auch nur einen einzigen glücklich zu machen, dann war unser Leben wert, gelebt zu werden.
Die in dem Buch geschilderten Erlebnisse stammen aus den Jahren des ersten Weltkriegs und erzählen auch von dem Schicksal deutscher Auswanderer, die bei Ausbruch des Krieges in Südamerika gestrandet sind.
Weitab vom Geschehen auf den Schlachtfeldern, haben die blutigen Geschehnisse in Europa, heftige Auswirkungen auf das Leben, der nach Südamerika ausgewanderten Deutschen.
Denn brasilianische Firmen, die geschäftlich mit Firmen in den alliierten Ländern verbunden sind, entlassen ihre deutschen Mitarbeiter. Tausende stehen über Nacht ohne Einkommen auf der Straße.
Das Buch beginnt in Cuaibá im brasilianischen Bundesstaat Mato Grasso, der zur Zeit Donats noch relativ unberührt gewesen sein dürfte, heute allerdings wegen der Abholzung des Regenwaldes durch illustre Gestalten, wie den Soja-Baron Blairo Maggi in trauriger Berühmtheit stehen.
Dort trifft er auf eine Gruppe anderer Deutscher, die aus den Urwäldern zusammengeströmt sind, um sich im paraguayanischen Hafen Ascension um eine Überfahrt nach Deutschland zu bemühen. Der Kaiser hat gerufen und man will in die Heimat, um sich zum Militär zu melden.
Vermutlich zum großen Glück für die versammelte Heldenschar, ist der Seeweg von der britischen Übermacht blockiert. Es gibt keine Möglichkeit nach Deutschland zu gelangen.
In Brasilien sind Deutsche nicht mehr gerne gesehen und es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich in Paraguay nach einem Unterkommen umzusehen. Nach Angabe Donats ziehen tausende mittelloser Deutscher durch das Land und versuchen sich irgendwie durchzuschlagen.
Das Buch beschreibt die Wanderungen Donats durch Paraguay. Sein Weg führt in vom Rio Paraguay flussabwärts zum Rio Parana. Danach geht es kreuz und quer durch Paraguya, schließlich durch das Sumpfland von Corrientes zum Rio Uruguay und weiter zurück nach Brasilien.
Seine Erlebnisse mit anderen vagabundierenden Landsleuten und teilweise gefährliche Begegnungen in den besuchten Ortschaften sind Gegenstand des Buches. Konflikte mit der paraguayanischen Bevölkerung bleiben nicht aus. Auch Liebesgeschichten spielen an mehreren Stellen des Buches eine Rolle. In einer deutschen Kolonie, wo er schließlich Unterschlupf findet, wird Donat wieder davon gejagt.
Das Buch ist zumindest als Dokument dieser Zeit eine interessante Lektüre. Franz Donat hat hier ein zusätzliches Kapitel des ersten Weltkriegs, wenn auch fernab vom eigentlichen Geschehen in Europa, beschrieben.
Ob Donat die Passagen mit dem überbordenden Nationalstolz nachträglich hinzugefügt hat, um so eher die Möglichkeit einer Veröffentlichung im Deutschland der Weimarer Republik zu bekommen, wäre denkbar. Sie stehen auf jeden Fall in krassem Gegensatz zu der Lebensphilosophie, die er in dem Buch vermittelt und auch zu der Ironie, mit er er seine Landsleute manchmal beschreibt, die oft alles andere als vorbildhaft sind.
Das Buch enthält 23 Zeichnungen von Hans Anton Aschenborn. Der Schriftsatz ist Fraktur.
Franz Donat hat insgesamt drei Bücher veröffentlicht:
- Paradies und Hölle. Abenteuerliche Schicksale eines Deutschen unter Hinterwäldlern, Diamantensuchern, Indianern, Einsiedlern und Verbrechern, Stuttgart 1926
- An Lagerfeuern deutscher Vagabunden in Südamerika, Stuttgart 1927
- Georg und Isabella. Ein Buch von Kampf und Liebe, Roman, Stuttgart 1928
...zum Schluß noch ein wenig Werbung für mein eigenes Buch: