Wanderer ohne Ziel – Artur Heye – 1925
Wanderer ohne Ziel – Artur Heye – 1925
Die wahren wandrer aber sinds die reisen
Nur um zu reisen – federleichter hauf!
Sie können nie ihr schicksal von sich weisen.
Sie wissen nicht warum und rufen: auf!
Der sonne glanz auf veilchenfarbnen meeren
Der glanz der städte wenn die sonne sinkt
Entzündete in uns ein heiß begehren
Nach einem himmel der verlockend winkt.
Charles Baudelaire, Die Reise
Wanderer ohne Ziel von Artur Heye ist ein Buch, das ich schon fast wieder weglegen wollte. Die ersten Seiten mit Erlebnissen als Eisenbahntramp in den USA des späten 19. Jahrhunderts erinnerten mich doch frappierend an die Erzählung Jack Londons’s „Abenteurer des Schienenstrangs“.
Reisen in Afrika und Amerika
Eher zufällig blätterte ich dann durch das Buch und stieß auf eine Erzählung, die Heyes Erlebnisse in Kairo beschreibt. Er erzählt, wie er völlig mittellos Kairo verlässt und zu Fuß zu den Pyramiden von Gizeh wandert, wo er allerdings erst nach Einbruch der Nacht ankommt.
Ein freundlicher Fellache, dem er dort begegnet, begleitet ihn dennoch zu den Bauwerken und zeigte ihm die großen Pyramiden im Mondschein. Ein eigentümliches und auch exotisches Erlebnis, denn später wird er von dem Eingeborenen zu einem nächtlichen Essen in das in der Nähe der Pyramiden gelegene Dorf eingeladen, wo er auch Zeuge des Auftrittes eines tanzenden Derwischs wird.
Erlebnisse und Begegnungen dieser Art sind für „Wanderer ohne Ziel“, das eigentlich eine Sammlung von Kurzgeschichten ist, bezeichnend. Heye legt große, ja aus heutiger Sicht gigantische Strecken zu Fuß zurück. Ob in Ägypten, in Afrika oder Amerika. Seine Seefahrten bestreitet er unter anderem als Heizer in den Kohlenbunkern der Dampfschiffe. Die Arbeitsbedingungen sind hart an der Grenze des erträglichen. Diese Arbeitseinsätze dienen dann aber auch dazu das Geld für den nächsten Landfall zu benutzen.
Kolonialzeit und 1. Weltkrieg
Die letzten Kapitel des Buches sind dann einem speziellen Abschnitt der deutschen Geschichte gewidmet. Den ersten Weltkrieg erlebt Artur Heye als Soldat in den deutschen Kolonialgebieten in Afrika. Seine Aufgabe ist die Versorgung der Truppen mit Wild. Eine Aufgabe, die der Tierfreund eigentlich nicht gerne übernimmt. Dementsprechend erzählt er in diesen Episoden eher Geschichten über die Tierwelt, als über die Kampfhandlungen. Interessant sind seine Beobachtungen verschiedener Tierarten, von denen er Jungtiere in seine Obhut nimmt und deren Verhalten er in diesem Buch in einem der Kapitel schildert.
Ein bewegtes Leben
Heye wurde 1885 in Leipzig geboren. Mit 14 lief er von zu Hause weg, wanderte nach Antwerpen und heuerte auf einem Schiff an. Kurz darauf, erlebte er vor der afrikanischen Küste seinen ersten Schiffbruch. Weitere Schiffbrüche sollten im Verlauf seiner Reisen folgen.
Eine Biographie Heyes lässt sich indes nur aus seinen Veröffentlichungen erschließen.
Auf der Webseite Reisegeschichte.de findet sich einer hervorragende Zusammenfassung aller Reisen von Artur Heye und auch eine Liste seiner Veröffentlichungen. (die Seite existiert leider nicht mehr)
Aus politischen Gründen siedelte Artur Heye in den 30er Jahren zusammen mit seiner Frau nach Ascona in der Schweiz um, wo er 1947 verstarb.
Das Buch „Wanderer ohne Ziel“ ist vom Stil her als Jugendbuch zu bezeichnen, aber als Reisebuch und natürlich auch als Zeugnis seiner Zeit dennoch lesenwert. Die Geschichten sind nicht immer chronologisch angeordnet.
„Wanderer ohne Ziel“ enthält zahlreiche Zeichnungen von Walter Rosch. Es ist 1925 im Safariverlag erschienen.
...zum Schluß noch ein wenig Werbung für mein eigenes Buch:
Ein Reiseschriftsteller der in mir als Kind das Reisefieber entwickelt hat, das mich später in viele Länder brachte. Unbedingt lesenswert, alle Bücher, von Afrika bis Alaska. Auch ein Zeitzeugnis!